Ich war auch in der geschilderten Mai-Woche in Kroatien. Es war windiger als erwartet, sieht man vom windstillen ersten Tag mit Orkanwarnung im Wetterbericht ab. Jetzt segle ich mit guten Freunden. Was soll ich machen? Die ganze Zeit in der Marina liegen? Geht nicht, weil dann segeln meine Freunde nie mehr mit mir. Also muß man sich darauf gefaßt machen, daß etwas mehr Wind weht. Ich schaue nicht dauernd auf das Windmeßgerät, aber einmal war sicher der Wind in Spitzen so um die 35 kn. Ich denke, wenn die Crew schon öfter miteinander gesegelt ist, das eine oder andere durchgemacht hat und alle segeln können, dann kann es auch ein schönes sportliches Segeln werden. Ich denke auch die Crew lernt gerne dazu, sofern sie nicht überfordert wird. Wache gehen, bei stärkerem Wind segeln, Nachtfahrten sind für viele doch auch wichtige Erlebnisse und nehmen die Angst vor Segeln in schwierigeren Bedingungen.
Berücksichtigen muß ich immer, daß die meisten von uns keine Leistungsportler sind und daß man die Kräfte der Crew nicht überschätzen darf. Für mich und meine Crew war es dann ein schöner, sportlicher Törn mit ein paar kulturellen Highlights.
Was man auch immer berücksichtigen sollte, ist einen korrekten Segeltrimm und daß man schnell auf Windzunahmen und -abnahmen reagiert. Wenn ich bei viel Wind hart am Wind aufkreuzen muß, dann bringt ein hart getrimmtes Rigg (Wanten und Achterstag dicht) sehr viel, auch das Rollgroß sollte so flach wie möglich getrimmt werden. Es ist unglaublich, wie man bei viel Wind Leute versegelt. Noch viel mehr als bei Leichtwind. Wenn der Wind dann abnimmt, fahren viele mit Motor oder haben nur ein kleines Segel in der Größe eines Geschirrtuchs gesetzt. Und vergessen auf's ausreffen.
Betreffend Regatten. Ich selbst war - bis vor ein paar Jahren - nie ein Freund von Regatten. Dann habe ich mit Fun-Regatten begonnen. Erst als ich gesehen habe, wie viel man aus einem Boot - unter geeigneter Anleitung natürlich, eh schon wissen, wer gemeint ist

- herausholen kann, bin ich auch positiver zu Regatten eingestellt. Man lernt sehr viel, nicht nur den Bootstrimm, auch Bootshandling, Einschätzen von Situation mit mehreren Booten beim Start, Timing und Strategien, die Startlinie zu passieren, taktisch segeln und wie wichtig eine eingespielte Crew ist, die keine langen Kommandos und Anweisungen braucht. Es werden auch andere Manöver viel öfter geübt, wie Boje über Bord etc. mit Quick Stop, Münchner Manöver, Abdrift, Beiliegen usw. Das ist ein unüberschätzbarer Vorteil, vor allem, wenn einmal wirklich kritisch wird und jeder weiß, was zu tun ist. Wichtig ist, daß man jemanden hat, der einem auch die Feinheiten beibringt und man dann selbst sieht, daß man nicht nur auf der Kreuz jemanden versegeln kann sondern auch auf tiefen Kursen. Habe ich zuletzt beim Absegeln am Neusiedlersee erlebt. Da bin ich als Letzter gestartet (wollte nicht so lange im Partyzelt warten), nicht rechtzeitig zum Start zurück gekommen und habe das Feld von hinten aufgerollt. War am Ende im vorderen Spitzenfeld dabei. Habe auf der Kreuz auch ein paar Winddreher optimal mitgenommen.
Mir ist klar, daß ich nie in der Spitzenklasse mitfahren können werde, aber ich habe in anspruchsvollen Neusiedlerseeregatten meinen Spaß. Mit einem Platz im vorderen Mittelfeld bin ich vollauf zufrieden. Und gegen die echt guten Segler gewinnt man sowieso nicht. Da müßte man Tag und nacht am Boot arbeiten und es optimieren.
Als Zusammenfassung: Ich bin immer froh, wenn ich eine erfahrene und segelbegeisterte Crew an Bord habe oder bei erfahrenen Leuten mitsegle. Dann kann man die Grenzen etwas "strecken", sprich etwas weiter setzen.

Für mich ist Segeln immer noch Sport, verbunden mit Kultur, und ich habe auch nichts gegen ein kulinarisches Häppchen am Abend einzuwenden.
Just my 2 ct und liebe Grüße,
Michael
Besser Segeleuphorie statt Midlife-Crisis. Besser Segelgroßmacht als Fußballzwerg.